Mit großem Mediengetöse unterzeichnen unser Bürgermeister Dieter Reiter und einige Stadträte der SPD-Fraktion das Volksbegehren Artenvielfalt – Rettet die Bienen!.
In Begleitung der Presse geht OB Reiter auf Stadtviertel-Tour in Trudering / Riem und sieht sich an, “was die Bürger bewegt“. Er besichtigt unter anderem die Fahrradständer am Truderinger Bahnhof und einige nachgepflanzte Bäume an einem Spielplatz. Die Zeit für den großen Aufreger in unserem Stadtviertel – das Landschaftsschutzgebiet in der Fauststraße 90 – nimmt er sich aber leider wieder nicht, obwohl er schon viele Male dazu eingeladen wurde.
Ganz im Gegensatz zum “Showprogramm“ sorgen Herr Reiter und seine SPD durch ihr Abstimmungsverhalten dafür, dass in einem der wenigen Landschaftsschutzgebiete auf Münchner Stadtgebiet Flächen dem spekulativen Profitstreben eines Immobilieninvestors geopfert werden sollen. Polit-Show und Wirklichkeit passen wieder einmal ganz und gar nicht zusammen…
In einem offenen Brief stellt die Bürgerinitiative Fauststraße90 diese Frage auch direkt an den Bürgermeister:
Für die Bürgerinitiative Fauststraße 90 – Horst Münzinger
Herrn
Oberbürgermeister
Dieter Reiter Landeshauptstadt München Rathaus
Marienplatz 8
80313 München
München, 25.02.2019
Offener Brief zu Ihrem Engagement für Artenschutz.
Und Landschaftsschutz?
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Reiter,
mit Ihrer Unterschrift unter das VOLKSBEGEHREN ARTENVIELFALT haben Sie sich und viele weitere SPD-Stadträte unmissverständlich und überzeugend für Artenreichtum entschieden. Sie haben damit auch der Forderung der Initiatoren zugestimmt, dass regelmäßig ein „Bericht zur Lage der Natur“ veröffentlicht wird und Sie haben mit Ihrer Zustimmung auch kundgetan, dass Ihnen die Schädlichkeit künstlicher Beleuchtung auf die Insektenfauna bekannt ist.
Artenschutz, wie ihn die Initiatoren des Volksbegehrens fordern und wie Sie ihn mit Ihrer Unterschrift unterstützen, setzt den Erhalt von Landschaften als Lebensraum und Heimat für Biodiversität voraus. Auch deshalb gibt es Landschaftsschutzgebiete, deren Eigenart gemäß Landschaftsschutzverordnung zu erhalten und von Beeinträchtigungen jedweder Art zu verschonen ist. Denn ohne Landschaftsschutz und ohne Landschaftsschutzgebiete kann es keinen Artenschutz und auch nicht die gewünschte und notwendige Artenvielfalt geben. Alleine schon deshalb schließen sich Landschaftsschutz und Wohnungsbau generell aus.
Dennoch stimmen Sie persönlich und gemeinsam mit den SPD-Stadträten bisher zu, dass auf der Grünfläche an der Truderinger Fauststraße 90 im Landschafts- und Wasserschutzgebiet der Flächennutzungs- und der Bebauungsplan geändert. Damit soll die Grundlage geschaffen werden, um auf dieser ökologisch wertvollen Grünfläche sieben Wohnblöcke mit bis zu 80 Wohnungen und einer Tiefgarage mit über 100 Stellplätzen zu bauen.
Durch unvermeidliche massive Boden- und Bewuchs-Zerstörungen, die durch „ökologische“ Kultivierung kompensiert werden soll, würde die bestehende natürliche Eigenart dieses Teils des Landschafts- und Wasserschutzgebiets unwiederbringlich vernichtet und Lebensraum für Artenvielfalt zerstört werden.
Das Landtags-Wahlergebnis 2018, etliche Gründungen und Veranstaltungen von Bürgervereinigungen und jetzt die überwältigende Zustimmung zum Artenschutz bringen unmissverständlich die Forderung auch der Münchner Bevölkerung an die Landes- und an die Kommunalpolitik zum Ausdruck, Artenschutz, Umweltschutz, und Landschaftsschutz zur Leitlinie für die Lebensraum-Entwicklung zu machen. Deshalb gilt auch und besonders für München die Forderung, Absichten und Beschreibungen ernst zu nehmen, die etwa im Konzept Freiraum 2030 der LH München, in der Öko-Leitlinie für München, im Stadtratsbeschluss zur Münchner Boden- Versiegelung, in der Biodiversitätsstrategie für München usw. usw. enthalten sind.
Dass Sie das Volksbegehren Artenschutz unterstützen aber gleichzeitig die Beschädigung und Zerstörung der Eigenart eines Landschaftsschutzgebiets zulassen wollen, ist nicht zu verstehen. Auch deshalb, weil das Referat für Stadtplanung und Bauordnung die Bebauung auch aus naturschutzrechtlichen Gründen stets abgelehnt und eine Entwicklung zur Grünfläche des ökologisch wertvollen Grundstücks mit Kaltluftleitbahn am Bannwald empfohlen hat (siehe Anlage).
Bitte lösen Sie den Widerspruch auf und stoppen Sie die Änderung des aufwändigen Verfahrens für die Änderung des Flächennutzungs- und Bebauungsplans, dessen Nutznießer der mit einer Änderung verbundenen enormen Bodenwertsteigerung einzig und allein der „investierende“ Grundeigentümer ist. Den Schaden haben die Natur, der Artenschutz und die Bevölkerung. Diese unerwünschten Folgen und eine Gefährdung Ihrer Glaubwürdigkeit können Sie durch eine Beendigung des Verfahrens verhindern.
Wie schon mehrfach angeboten, stehen wir sehr gerne persönlich für Gespräche, nähere Informationen zur Fauststraße 90 und für die Beantwortung von Fragen zur Verfügung. Über eine Einladung zu einem Info- und Meinungsaustausch mit Ihnen würden wir uns deshalb sehr freuen und erwarten Ihre Antwort dazu.
Mit freundlichen Grüßen
Horst Münzinger
Für die Bürgerinitiative Fauststraße 90 www.fauststrasse90.de