Befremdliche Interpretation ökologischer Kriterien

Leserbrief zum Artikel „Wohnungsbau im Krisenmodus“ in der Süddeutschen Zeitung vom 11. Oktober

Wohnungsbau im Krisenmodus? Eher Landschaftsschutz im Krisenmodus! Es geht um den Erhalt des in der Fläche überschaubaren Landschaftsschutzgebiets an der Fauststraße 90 und nicht um den Münchner Wohnungsbau. Die ökologische und klimatische Bedeutung dieses Grundstücks ist in dessen Schlüsselfunktion als Tiermigrationsbrücke zwischen nördlichem und südlichem Bannwald (so auch der BUND in dessen Stellungnahme gegen die geplante Bebauung) sowie dessen hoher bioklimatischer Bedeutung als Kaltluftleitbahn (Konzeptgutachten Freiraum München 2030 der Landeshauptstadt München, S.22) unbestritten! Deshalb gilt es dieses Landschaftsschutzgebiet zu erhalten.

Dagegen sieht der Entwurf des Investors Optima-Ägidius Firmengruppe gemäß Zeitungsartikel dort eine Siedlung vor, die dem „ökologischen Kriterienkatalog der Landeshauptstadt entspreche“. Es entsteht der Eindruck, die Stadt München, Referat für Stadtplanung und Bauordnung (PLAN HA III/2), hätte bereits bestätigt, dass dieser Entwurf diesem „Kriterienkatalog“ entspricht. Eine telefonische Nachfrage beim im Artikel genannten „Bürgerbüro“ bringt aber zu Tage, dass dem NICHT so ist. Es sei lediglich beabsichtigt, bei der Planung der ökologischen Mustersiedlung diesen „Kriterienkatalog“ zu berücksichtigen (gemäß Reiter „Ökologische Mustersiedlung“ der Internetseite des am Ende des in Rede stehenden Artikels genannten Bürgerbüros).

Empfehlenswert ist die Lektüre dieses Ökologischen Kriterienkatalogs 2017 aber allemal. Unter „Vorbemerkungen“ steht dort, dass „Der Schutz unserer Lebensgrundlagen Luft, Boden, Wasser, der sorgsame Umgang mit der Natur … mittlerweile zur allgemein anerkannten Verpflichtung geworden ist“. Schon irritierend, dass genau dieser Ökologischen Kriterienkatalogs 2017 und dessen Beachtung beim Bauen jetzt von einem Investor als Rechtfertigung für eine Bebauung im Landschaftsschutzgebiet herangezogen wird.

Dort steht weiterhin, dass „Neben der öffentlichen Hand immer mehr Unternehmen den Umweltschutz, den Artenschutz, den Klimaschutz oder die Nachhaltigkeit zu Leitlinien ihres Handelns erklären.“. Und obwohl hier wortwörtlich der „Klimaschutz“ als Leitlinie genannt wird, zweckentfremdet der Investor diesen Kriterienkatalog als Rechtfertigung für das Verbauen der, hohe bioklimatische Bedeutung habenden, Kaltluftleitbahnen auf diesem Grundstück.
Mir fehlen die Worte…

 

Boris Jilg, München